Etwas kitzelte in meinem Gesicht und weckte mich. Ich schlug die Augen auf und blickte in zwei grüne Katzenaugen. Socks hatte mich mit seinen Schnurrhaaren geweckt und blickte mich vorwurfsvoll an. „Du bist eine ziemliche Schlafmütze, Bobbie von Falkenstein! Statt ewig im Bett zu legen, solltest du aufstehen, mich füttern und dann dir Gedanken über deine nächsten Aufgaben machen. Dir fehlen noch der Stab und das Geld. Deinen Kelch kannst du ja heute abholen. Immerhin hast du noch heute und morgen Zeit. Das solltest selbst du schaffen!“ Er sprang von mir herunter, bevor ich noch antworten konnte.

Ich machte mich schnell fertig und eilte mit Socks zum Speisesaal, damit der kleine Kater nicht noch mürrischer wurde. Einen missmutigen Seelenbegleiter konnte ich wirklich nicht gebrauchen.

Heute war ich früher dran als gestern und die Pagen sassen am runden Tisch. Die Stimmung schien gelöster als am gestrigen Abend. Die Pagen und vor allem Cal schienen sich mit meiner Anwesenheit abzufinden.

Trisha lächelte mich freundlich an. „Guten Morgen Bobbie. Nimm es uns nicht übel, dass wir dich nicht angemessen begrüsst haben.  Es waren immer nur vier Pagen, die in der Vergangenheit von Leonora persönlich unterrichtet wurden. Die Aussenwelt war für uns immer eine Legende, eine Geschichte, die man Kindern erzählt und nun tauchst du auf und erzählst, dass die Geschichte wahr ist. Das kann schon so manche Überzeugung auf den Kopf stellen. Ich hoffe, wir alle können unseren holprigen Start vergessen und Freunde werden.“ Sie hob ihren Becher zum Anstossen, genau wir Sereina und Amir. Mit einem gezwungenen Lächeln hob auch schliesslich Cal seinen Becher und wir stiessen gemeinsam an.

Ich fühlte mich erleichtert und freute mich, dass die Pagen auf mich zugekommen sind. Ob Leonora etwas damit zu tun hatte? Im Grunde war mir das aber egal. Ich war schon immer ein Mensch gewesen, der es schwer aushalten konnte, wenn die Stimmung frostig war und wir mussten ja irgendwie in der nächsten Zeit miteinander auskommen.

Cal? Meine Meinung über ihn hatte sich nicht wirklich verbessert, aber nach dem, was mir gestern Abend Sereina erzählt hatte, konnte ich immerhin verstehen, wieso er war wie er war.

Mit dunkler Stimme fragte mich Amir nach meinen Plänen. Ich erzählte, dass ich gestern mit meinem Kelch begonnen hatte und noch sowohl einen Stab als auch noch Geld brauchte. „Du wirst entscheiden müssen, aus welchem Holz dein Stab sein soll“, warf Sereina ein. „Wieso ist das wichtig?“, hakte ich nach. „Ist das nicht egal?“ Cal verzog seinen Mund zu einem spöttischen Grinsen, doch bevor er eine entsprechende Bemerkung machen konnte, kam ihm Sereina zuvor. „Nein, es ist nicht egal, denn bestimmte Hölzer haben bestimmte magische Eigenschaften. Aber das kannst du nicht wissen. Lass uns nach dem Frühstück in die Bibliothek gehen und ich zeige dir ein paar Bücher, in denen du Antworten findest. Wir haben leider keine Zeit, um dir alles zu erklären, denn wir müssen zum Unterricht. Trisha, entschuldige mich bitte beim Archonten Meridis, dass ich etwas später nachkomme.“

Ich beeilte mich mit dem Frühstück, damit Sereina nicht zu viel Zeit verlor. Mit schnellen Schritten machten wir uns auf den Weg zur Bibliothek. Ich war schon sehr neugierig, denn die Bibliothek in Falkenstein war mein Lieblingsort. Ich liebte den Geruch der alten Bücher und der Ledersessel.

Als wir die Bibliothek betraten, war ich überwältigt! So viele Bücher hatte ich selten gesehen und die Regale reichten bis zur Decke. In der Mitte standen Tische mit aufgeschlagenen Folianten und Bänken zum Sitzen. Und das war nur der Eingangsbereich. Die Bibliothek war riesig und hatte etliche Räume. Wie viel Wissen es hier gab! Ein unfassbarer Schatz!

Bibliothek

Sereina zeigte mir den Bereich über Naturmagie und holte einige Bücher aus dem Regal. Sie drückte sie mir in die Hände. „Hier findest du alles, was du über die unterschiedlichen Hölzer wissen musst. Damit sollte dir die Entscheidung leichter fallen, welchen Baum du um deinen Stab bittest. Vergiss nicht eine Opfergabe für die Dryaden, die Baumgeister, mitzubringen. Früchte und Blumen sind angemessen. Und vielleicht magst du ihnen ein Lied vorsingen.“ Ich grinste. „Ein Lied wäre eher eine Strafe als eine Opfergabe.“ Sereina musste auch lachen. „Es zählt die Absicht der Dankbarkeit. Und bevor ich es vergesse: Du kannst dir natürlich alle Bücher anschauen. Als Auserwählte hast du überall Zugang, aber viele Bücher werden dir nichts sagen, denn sie enthalten fortgeschrittene Praktiken und Lehren. Für uns Pagen sind sie genauso unverständlich, also lass dich davon nicht entmutigen. In den Bereichen der einzelnen Königreiche wirst du Portale sehen. Gehe da nicht hindurch. Sie bringen dich in die jeweiligen Reiche, aber es ist uns erst nach unserer Grundausbildung gestattet, diese Portale zu nutzen.“

Natürlich machte mich das neugierig, aber ich versprach Sereina, mich an die Regeln zu halten und schleppte die Bücher an einen der Tische. „Wenn du die Bücher schliesst, ist es ein Zeichen, dass du fertig bist. Dann werden sie weggeräumt. Wenn du mit einem Buch weiterarbeiten willst, lass es aufgeschlagen.“ Mit diesem letzten Hinweis eilte sie fort zum Unterricht und liess mich allein.

Ausser mir war niemand in der Bibliothek. Wahrscheinlich waren alle beim Unterricht. Das sollte mir Recht sein. „Ich schaue mich auch ein wenig um“, maunzte Socks und verschwand. Ob er lesen konnte? Das hätte mich nicht wirklich überrascht.

Ich liess mich auf der Bank nieder und schlug das erste Buch auf.

Ich vergass die Zeit, als ich das erste Mal etwas über die Magie der Bäume lernte und ich versank geradezu in den Büchern, bis mich ein energischer Stubser gegen mein Schienbein unterbrach.

Socks war von seiner Erkundung zurück und hatte wieder seinen typischen Ich-bin-kurz-vor-dem-Verhungern-Blick. Ich merkte, dass ich selbst ziemlich hungrig war. So liess ich die Bücher aufgeschlagen und machte mich auf den Weg zum Speisesaal.

Nach einem schnellen Mahl kehrte ich wieder in die Bibliothek zurück. Vom Obstteller auf dem Tisch hatte ich mir drei Äpfel als Opfergabe mitgenommen, damit ich die Dryaden nicht verärgere.

Ich vertiefte mich noch einmal in die Bücher, denn ich schwankte zwischen verschiedenen Bäumen und musste eine Entscheidung treffen.

Vor allem für Bann– und Schutzzauber würde ich mit dem Holz der Eiche eine sehr gute Wahl treffen. Sie steht für Stärke, Ausdauer, Beständigkeit, Gerechtigkeit und Stabilität. Doch ich hatte auch gelesen, dass die Eiche etwas für erfahrene Träger ist, da sie sehr mächtig ist. Für mich kam sie also nicht in Frage, auch wenn ich die starken Eichen bei uns in Falkenstein immer sehr geliebt habe.

Ich fand heraus, dass die Eibe ebenfalls ein sehr mächtiger Baum ist. Sie trägt die Kraft der Wandlung und Wiedergeburt in sich. Ihre Giftigkeit und die Verbindung zu Dunkelheit, Tod, Auferstehung und Magie waren mir dann doch zu unheimlich.

Der Apfelbaum steht ist seit alter Zeit der Baum der Anderswelt, der Liebe und der Unsterblichkeit. Ich erinnerte mich an die Artus-Sagen, die ich als Kind so gerne gelesen habe und dass die Apfelbäume in Avalon ewiges Leben schenken.

Eines der Bücher verriet mir, dass die Energie des Apfelbaumes sanft, nährend und harmonisierend sei, ideal für Heilung, Liebe, Fruchtbarkeit, Kreativität, Segnungen und Übergangsriten. Das klang schon gar nicht mal schlecht.

Über die Haselnuss fand ich heraus, dass es der Baum der Weisheit und der Inspiration war. Sie verbindet Intuition mit Vision und Weisheit und schützt vor negativen Kräften.

Die Hasel dient der Weissagung, der Abwehr von Schadzaubern und Blitzen, schenkt Schutz und Kraft, hilft dabei Wünsche zu erfüllen und bringt Glück. Ihre Energie soll leicht, flink und voller Bewegung sein, geistige Klarheit fördern und Menschen mit ihrer inneren Stimme in Verbindung bringen. Die Hasel sollte verborgene Zusammenhänger erkennbar machen. Daraus wollte ich meinen Stab fertigen. Ich hatte meine Entscheidung getroffen.

Ich schloss die Bücher und als ob er es geahnt hätte, tauchte Socks wie aus dem Nichts auf.

Ich erinnerte mich daran, dass ich auf dem Weg zur Schmiede einige Haselsträucher gesehen hatte und so machten wir uns auf den Weg.

Wir liefen nicht lange und kamen zu einigen Haselsträuchern. Ich hatte Hephons Dolch mit dabei und hoffte, dass er den Strauch nicht zu sehr verletzen würde. Wie ich es in den Büchern gelesen hatte, schloss ich die Augen und bat die Dryaden um ein Zeichen, welchen Strauch und welchen Ast ich in aller Demut nehmen durfte. Ich begann leise ein altes Lied aus Falkenstein zu singen und hoffte, dass tatsächlich meine Absicht zählte und nicht mein Gesang.

Plötzlich hörte ich einen Vogel singen und öffnete die Augen. Er sass auf einem Ast und als er meinen Blick bemerkte, flog er davon. Ich wertete das als das Zeichen und mit einem kräftigen Schlag trennte ich den daumendicken Ast ab. Ich kürzte ihn auf die Länge meines Unterarmes, damit er etwas handlicher war. Anschliessend bedankte ich mich, legte die Äpfel unter den Baum und goss noch etwas Wasser aus meiner Trinkflasche über die Wurzeln.

Ich hörte ein Wispern in den Ästen . Die Dryaden schienen zufrieden zu sein und ich hatte eine meiner Aufgaben erledigt.

Ich würde den Stab noch etwas bearbeiten müssen, aber zuerst musste ich noch zu Mira und meinen Kelch abholen.

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Ivana