Die Mäßigkeit gehört zu den Tarot-Karten, die für mich nicht so einfach zu erschließen waren. Vielleicht geht es dir ja ähnlich und daher möchte ich dir heute diese Karte ein wenig näher bringen.

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Was zeigt die Karte?

Mäßigkeit

Es gibt unzählige Tarot-Decks und daher möchte ich mich bei der Beschreibung der Karte auf das klassische Rider-Waite-Smith-Deck beschränken.

Die Figur auf der Karte ist – in meinen Augen – ein androgyner goldgelockter Engel. Er steht mit ausgebreiteten Flügeln an einem Teich. Er hält zwei Kelche in den Händen und gießt Wasser von einem in den anderen.

Er schafft einen Ausgleich in den Gefässen. Vielleicht waren vorher darin unterschiedliche Flüssigkeiten und durch das Mischen entsteht etwas Neues. Er vermengt etwas und integriert gleichzeitig. 

Er steht mit dem rechten Fuß im Wasser eines kleinen Teichs und ist mit seiner Intuition verbunden. Mit dem anderen steht er auf der Erde, verbunden mit der materiellen Welt.
Er hört nicht nur auf sein Herz, sondern überprüft seine Gedanken und Handlungen auf ihre Belastbarkeit, ob sie in der realen Welt Bestand haben.

Am Ufer des Teichs blühen rechts von ihm zwei gelbe Schwertlilien im Schilf. Man sagt, die gelbe Lilie steht für Erkenntnis und Weisheit.

Er hat ein langes weisses Gewand an. Das symbolisiert die Reinheit seiner Absicht, seines Denkens und Fühlens.

Auf seiner Brust ist ein Quadrat, in dem sich ein Dreieck befindet.
Das Quadrat steht für Stabilität und Struktur. Es bildet den Rahmen für das Dreieck, das nach oben zeigt, das alchemistische Symbol für Feuer. Feuer ist das einzige der vier Elemente, das nicht aus sich heraus existieren kann, sondern Nahrung braucht und diese zu Asche verwandelt. Diese wiederum macht den Boden fruchtbar und fördert neues Leben, Wachstum.

Er blickt konzentriert auf die Kelche und auf seiner Stirn befindet sich ein goldener Kreis mit einem Punkt in der Mitte, dem alchemistischen Symbol für Gold. Das passt natürlich auch zu seinem goldenen Haar. Für viele Kulturen war Gold das Blut oder der Körper der Götter. In der Alchemie war Gold das höchste der stofflichen Materie und daher wollte man um jeden Preis den Stein der Weisen finden, der jedes unedle Metall in Gold verwandeln kann. Im übertragenen Sinn ging es auch um Heilung, Läuterung und Umwandlung.

Seine Flügel sind rot. Auch hier wird wieder das transformierende Feuerelement sichtbar und passt zur gesamten Symbolik.

Sein Kopf ist von einem Heiligenschein umgeben, der seine Verbindung mit dem Göttlichen darstellt.

Links von ihm windet sich ein Pfad durch grüne Hügel in ein Gebirge. Im Hintergrund der Tarotkarte siehst du die Sonne zwischen den Berggipfeln und mit ein wenig Phantasie kannst du in der Sonne eine Krone oder ein Auge erkennen. Ob es ein Sonnenaufgang oder Sonnenuntergang ist, darüber kann man jetzt streiten. Da die Karten X bis XVIII der Grossen Arkana dem Nachtbogen zugeordnet werden und der Narr auf seiner Heldenreise nach der Mäßigkeit dem Teufel begegnet, spricht einiges dafür, dass es der Sonnenuntergang ist.

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Die allgemeine Bedeutung der Mäßigkeit

Auch wenn ich bei der Beschreibung die Tarotkarte aus dem Rider-Waite-Smith-Deck genommen habe, möchte ich bei der Bedeutung dir das erzählen, was für mich die Botschaft der Mäßigkeit aus unterschiedlichen Decks ist, die Essenz dieser Karte.

Im Englischen heißt die Karte Temperance, also Mäßigkeit, Mäßigung, Maßhalten oder Abstinenz. Was löst das in dir aus? Die meisten Begriffe stehen für mich für etwas ausgeglichenes, im Gleichgewicht sein.
Nur die Abstinenz ist ein Extrem, aber in der Regel folgt sie auf das andere Extrem. Jemand, der zu viel von etwas konsumiert hat, wird abstinent, weil er merkt, dass die Substanz nicht gut ist. Es fällt ihm schwer, Maß zu halten, ohne wieder abzurutschen. 

Doch ich möchte mich auf die Mäßigkeit an sich fokussieren, die absolut nichts mit Mittelmaß zu tun hat.

Wenn ich mir die Karte anschaue, dann kommt mir als erstes Ausgleich in den Sinn.

Wo solltest du etwas ausgleichen, wo ist etwas nicht in Balance?
Wo fehlt in deinem Leben die Ausgewogenheit?
Welcher Lebensbereich ist bei dir nicht im Lot?

Gerade wenn du arbeitest oder ein Business hast, kann es manchmal eine Herausforderung sein, die unterschiedlichen Lebensbereiche in Einklang zu bringen.

Ich kenne das aus eigener Erfahrung. Gerade wenn wieder eine besondere Verkaufsveranstaltung oder ein neuer Kurs anstehen ist es für mich schwierig, vom Computer aufzustehen und durchzuatmen.
Auch wenn ich es besser weiß, versumpfe ich manchmal in meinen ganzen Aufgaben und vernachlässige mich. Dieses Ungleichgewicht ist für mich für einen definierten Zeitraum in Ordnung, darf aber kein Dauerzustand werden.

Wenn die Karte öfter kommt, erinnert dich die Mäßigkeit daran, genau hinzuschauen und die unterschiedlichen Bereiche deines Lebens in Einklang zu bringen.

Das kann sich auf einen Ausgleich zwischen Beruf und Privatleben beziehen, aber auch daran, dass du deine hellen und dunklen Seiten betrachten solltest. Wir sind Menschen und haben natürlich auch unsere Schattenseiten und genau da blicken wir nicht so gerne hin. Dabei ist es für seelische und emotionale Balance wichtig, dass auch unser Inneres ausgeglichen ist.

Dazu gehört auch, dass wir nicht von einem extremen Gefühlszustand in den nächsten rutschen. Das kostet viel Energie und gerade wenn du im Drama bist, bringt es dir nichts und trägt auch nicht dazu bei, aus der Situation herauszukommen oder eine Lösung zu finden. Die Mäßigkeit erinnert dich daran, dass es gerade in herausfordernden Lebenslagen besser ist, diesen Herausforderungen mit Gleichmut zu begegnen.

Laut WHO ist ist Gesundheit ist ein Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlergehens und nicht nur das Fehlen von Krankheit oder Gebrechen. Das ist ein ziemlich hohes Ziel, aber es zeigt, dass auch innere Harmonie, für die die Mäßigkeit steht, für eine gesunde Lebensweise wichtig ist.

Die Mäßigkeit will dir den Genuss nicht verleiden und erst recht möchte sie dich nicht zu einem Asketen erziehen, der sich alles versagt. Sie erinnert dich lediglich daran, dass es einen goldenen Mittelweg gibt und lädt dich dazu ein, diesen zu beschreiten.
Du sollst auf nichts verzichten, aber auch nicht im Übermaß zu dir nehmen oder ausleben. Auch wenn du z.B. abnehmen willst, gönne dir mal ein Stück Schokolade, wenn dir danach ist. Ein Stück, nicht die ganze Tafel. Finde dein Maß, wie du genussvoll abnehmen kannst. Das kann schwierig sein, aber du wächst eher daran als wenn du dir alles versagst, einfach aus Angst, ins andere Extrem zu fallen. Maß halten eben und du lernst dich selbst und deine Grenzen wieder ein Stückchen besser kennen.

Doch die Karte hat nicht nur diese Ebene. Wenn du einen Moment lang davon ausgehst, dass der Engel im Rider-Waite-Smith-Tarot nicht nur eine Flüssigkeit von einem Kelch in den anderen giesst, sondern es sich um zwei unterschiedliche Flüssigkeiten handelt, dann bekommt sein Tun eine weitere Bedeutung. Er verbindet, er verändert und er erschafft etwas Neues.

Es geht um Wandlung, Verwandlung, auch im übertragenen Sinn.

Wenn du mehr in die Mäßigkeit kommst, mehr Harmonie und Ausgleich in dein Leben bringst, dann veränderst du nicht nur dich, sondern auch dein Umfeld.
Du wirst achtsamer mit deinen Worten und Taten und findest das rechte Maß. Du verbindest dich mit dem Fluss des Lebens und vereinst die Gegensätze, die in dir leben, in Harmonie. Das schenkt dir Seelenfrieden. Doch du brauchst auch Geduld, um die richtige Mischung, deinen persönlichen goldenen Mittelweg zu finden.

Tarot Tod
Mäßigkeit Tarot
Teufel Tarot

Die Position zwischen Tod und Teufel

Auf seiner Reise durch die Grosse Arkana, der Heldenreise, hat der Narr gerade den Tod mit der Ziffer 13 hinter sich gelassen. Er hat erkannt, dass es an der Zeit ist, loszulassen. Eine Phase ist zu Ende gegangen und er ist neugierig, was ihn erwartet. Der Narr hat erfahren, dass es keinen Sinn macht, gegen das Unausweichliche zu kämpfen und er es akzeptieren muss.

Nun erwartet ihn die Mäßigkeit, die ihn dazu mahnt, im Gleichgewicht zu bleiben, bevor er sich mit dem Teufel konfrontiert sieht, denn das ist seine nächste Station. Der Teufel ist jedoch nicht das Böse schlechthin, sondern er ist der Verführer, der Manipulator. Er möchte den Narren auf seine, die „dunkle Seite der Macht“, ziehen, aber der Narr soll sich freiwillig dafür entscheiden. Der Teufel erzwingt nicht, sondern er möchte den Narren dazu verlocken, sich seinen Trieben, seinen Instinkten, seinen Wünschen hinzugeben. Der Narr kann sich dafür oder dagegen entscheiden. 

Wenn er sich an die Lektion der Mäßigkeit erinnert, dann wird er widerstehen und nicht in das Extrem fallen, zu dem ihn der Teufel verleiten möchte.

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Numerologische Deutung

Die Tarotkarte der Mäßigkeit trägt die Ziffer XIV, also 14. In der Numerologie steht diese Ziffer für (Selbst-)Disziplin, Selbstbeherrschung, Zuverlässigkeit, Geduld, Beharrlichkeit, Verständnis und das rechte Maß finden.

Sie setzt sich aus der Eins und der Vier zusammen.

Die Eins steht für Neuanfang, Unabhängigkeit, Zielstrebigkeit, Ehrgeiz, Tatkraft, Selbstbewusstsein und Willensstärke. Im Tarot ist das der Magier. 

Die Mäßigkeit vermischt die beiden Flüssigkeiten und schafft so etwas Neues. Sie kreiert etwas harmonisches, das die Eigenschaften vereint und verschmilzt. Es ist geradezu ein alchemistischer, magischer Vorgang.

Die Vier steht für Stabilität, Fokus, Ordnung und Struktur. Diese Themen erkennst du beim Herrscher wieder.

Um etwas Neues zu schaffen, brauchst du auch Fokus. Wenn ich in meiner Hexenküche bin und Seife siede, dann muss ich mich konzentrieren und dem Ablauf folgen. Ich bin flexibel, was die Zutaten angeht, aber ich muss mich zwingend an die Struktur, die Abläufe, halten, sonst kann es übel enden.
Wenn ich das Wasser ins Ätznatron kippe, endet es mit einer Explosion. Wenn ich das Ätznatron dagegen ins Wasser gebe, wird es heiß und stinkt, aber es ist unter Kontrolle. Ich brauche auch Ordnung, damit ich nicht aus Versehen die Lauge umkippe. 

Wie die Mäßigkeit dir helfen kann, mehr ins Gleichgewicht zu kommen

Ich finde, dass es heute besonders wichtig, ist, massvoll zu sein. Ich weiß, das klingt nicht sexy und vielleicht auch ein wenig angestaubt, aber wenn du dir dein Leben betrachtest, wie sieht es da aus?


Egal, welchen Job du hast, viele fordern sich selbst über die Maßen. Sie wollen Höchstleistungen erbringen, weil es erwartet wird oder sie fühlen sich von Social Media getrieben, immer besser, schneller, erfolgreicher zu sein, um überhaupt bestehen zu können. Vor wem eigentlich? Vor sich selbst? Man verliert dabei recht schnell das Gefühl für einen vernünftigen Maßstab. Du wirst unausgeglichen, setzt dich immer mehr unter Druck.

Die Mäßigkeit erinnert dich daran, dass es einen wichtigen Maßstab gibt, nämlich deinen.

Nichts gegen Ehrgeiz und ambitionierte Ziele, aber statt irgendwelchen (fremden) Zielen hinterherzulaufen, besinne dich daran, was für DICH wichtig ist und wie du in Balance bleiben kannst. Das gilt nicht nur im Job, sondern in vielen Bereichen. Eine gesunde Beziehung zu dir selbst, zu deinen Zielen, zu deiner Familie ist wichtig.

Mache eine kleine Aufstellung für die Lebensbereiche 

  • deine Beziehung zu dir selbst, wie gehst du mit dir um?
  • Familie
  • Freunde
  • Finanzen
  • Beruf
  • Freizeit
  • Spiritualität
  • Lebensfreude

und sei ehrlich, wenn du dir die Frage beantwortest, wie ausgewogen die Bereiche untereinander sind und wie ausgewogen die einzelnen Bereich in sich selbst sind.

Was kannst du tun, um wieder in Balance zu kommen?
Wo verschwendest du deine Lebensenergie?
Wie kannst du Kraft tanken?
Wo halten sich geben und nehmen die Waage, wo nicht? Wie sieht es in deinem Inneren aus?
Nimmst du Licht und Schatten an, um heil, um ganz zu sein?

Begegne in einer Meditation der Mäßigkeit und lasse dir von ihr Impulse geben, wie du wieder ins Gleichgewicht kommst und die richtige Mischung für dein Leben und deinen persönlichen Weg findest.

Eine einfache Übung, um in Balance zu kommen ist, dich auf ein Bein zu stellen und das andere anzuwinkeln, wie in der Yoga-Asana „Der Baum„. Wenn du diese Übung die ersten Male machst, hilft es, wenn du dich auf einen konkreten Punkt im Raum konzentrierst und (noch) nicht die Arme nach oben hältst. Es ist völlig in Ordnung, wenn du die Hände vor deiner Brust faltest.

Lege die Karte der Mäßigkeit auf deinen Schreibtisch oder an einen anderen Ort, an dem du sie mehrmals am Tag siehst. Stelle dir die Frage „Wie ausgeglichen bin ich jetzt gerade in diesem Augenblick?“ Wenn die Antwort in Richtung Unausgeglichenheit geht, dann frage dich, was dich in Balance bringen kann. Das können schon einige bewusste tiefe Atemzüge in den Bauchraum sein.

Gehe in Dialog mit der Karte und stelle dir vor, die Mäßigkeit steht vor dir. Was würde sie dir raten? Welche Impulse und Gefühle kommen zuerst, bevor sich der Kopf einschaltet?

Ich hoffe, ich konnte dir die Mäßigkeit ein wenig näher bringen. Lass mich wissen, was du denkst und hinterlasse mir gerne einen Kommentar.

Hinweis: Rider-Waite-Smith-Deck, gemeinfrei, weil die urheberrechtliche Schutzfrist abgelaufen ist.

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